REKONSTRUKTION DES LEGENDÄREN CREAMCHEESE IM NEUEN KUNSTPALAST

ab dem 21. November 2023


Mit der Neupräsentation der Sammlung wird im Kunstpalast auch ein Gesamtkunstwerk wieder zu sehen und zu erleben sein, das seinen Ursprung in Düsseldorf hat: Das Creamcheese, 1967 unweit der Kunstakademie eröffnet, war europaweit der erste Club und Treffpunkt für die Kunst- und Musikszene. Bestückt mit den damals dort ausgestellten Werken von Günther Uecker, Gerhard Richter, Daniel Spoerri und weiteren Künstlern wird nun der Thekenbereich dieser legendären Kneipe im Kunstpalast präsentiert. Während der regulären Öffnungszeiten Teil des Sammlungsrundgangs, lädt der Creamcheese-Raum darüber hinaus freitags und samstags mit Drinks und Musik aus den 1960er und 1970er Jahren auch zum Verweilen bis in die späten Abendstunden ein.

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„Ich freue mich sehr, dass der Creamcheese-Raum in unserer Sammlung einen festen Platz gefunden hat“, so Felix Krämer, Generaldirektor Kunstpalast. „Ein besonderes Highlight ist die damit verbundene Möglichkeit, die einst gefeierte Kunstkneipe und mit ihr ein Stück Geschichte erlebbar werden zu lassen – an der von Heinz Mack gestalteten Theke sitzend mit Blick auf das Fallenbild von Daniel Spoerri oder das Wandbild von Gerhard Richter kann die Atmosphäre von damals erahnt werden.“
Nach der Schließung erwarb der Kunstpalast 1978 die künstlerische Innenausstattung des Creamcheese, dessen Barbereich hier nun detailliert und in enger Abstimmung mit den Künstlern Günther Uecker, Heinz Mack und dem Nachlass von Ferdinand Kriwet rekonstruiert wurde: Macks Theke aus Aluminiumblech, Ueckers Werk Der Nagel/Electric Garden, Gerhard Richters Wandbild PIN UP, ein großformatiges Fallenbild von Daniel Spoerri, Adolf Luthers Spiegel und Ferdinand Kriwets Rundscheiben. Neben diesen Werken ist auch die von Lutz Mommartz und Günther Uecker konzipierte Fernsehwand zu sehen, die in der Rekonstruktion unter anderem einen Film der Eröffnung des Creamcheese zeigt, sowie das mehrstöckige Podest, das den Gästen als Sitzfläche diente.
Die Idee zu der Bar kam dem Künstler Günther Uecker nach einem New-York-Aufenthalt, wo er Andy Warhol und dessen Club The Dom besuchte. Uecker wollte einen vergleichbaren Ort in Düsseldorf schaffen, an dem getanzt, getrunken und experimentelle Kunst aller Sparten präsentiert werden konnte: Musik, Aktionen, Filme, Theater, Literatur, Mode, Tanz – alles war erlaubt, willkommen und zum Teil auch partizipativ, ganz im Sinne der allgemeinen Revolte gegen die bürgerlichen Ideale in den 1960er Jahren.
„Die detailgetreue Rekonstruktion der Creamcheesebar lässt eine Zeit aufleben, in der die Kunst als eine kollektive Erfahrung verstanden wurde – mit Experimenten und Aktionen, mit Vernetzung untereinander und jeder Menge Spaß. Ich bin berührt zu sehen, dass diese Bar nun wieder ein richtiges Zuhause gefunden hat.“ so Günther Uecker.
Für das von Hans-Joachim und Bim Reinert in der Neubrückstraße 12 der Düsseldorfer Altstadt betriebene Creamcheese entwickelte Uecker das Programm und lud weitere Künstler zur Ausgestaltung der Bar ein. Das reguläre Programm bestand aus Projektionen von Dias und Filmen sowie Beleuchtungs- und Akustikeffekten. Dieses wurde durch zahlreiche Kunstaktionen und Livekonzerte ergänzt, wie z.B. von Frank Zappa, CAN und der späteren Band Kraftwerk. Der Name der Bar bezog sich auf die Kunstfigur Suzy Creamcheese, die in Songs des Musikers Frank Zappa auftaucht.
1968 wurde eine Dependance der innovativen und damals deutschlandweit bekannten Kunstkneipe auf der 4. Documenta in Kassel gezeigt, die vom 27. Juni bis zum 6. Oktober stattfand. „Das ist keine Kneipe“, formulierte der damalige Documenta-Leiter Arnold Bode, „sondern ein Gesamtkunstwerk.“
KUNSTWERKE IM CREAMCHEESE-RAUM DES KUNSTPALASTES
Der Raum wurde nach einem originalen Grundriss für die Sammlung rekonstruiert und umfasst sowohl den damaligen Eingangsbereich des Creamcheese als auch den Thekenbereich. Heinz Macks Theke aus Aluminiumblech wurde damals mit über 14 Metern als längste Theke der Düsseldorfer Altstadt beworben und vergrößerte durch die reflektierende Materialoberfläche den schlauchförmigen Raum. Hinter der Theke arbeiteten Künstler*innen wie Imi Knoebel, Blinky Palermo oder Katharina Sieverding.
Im ersten Raum ist Günther Ueckers Werk Electric Garden von 1968 zu sehen, ein großer Nagel in einem fast drei Meter hohen Käfig. An der Decke hängt eine Arbeit von Daniel Spoerri: Das großformatige Fallenbild ist eine 5,5 Meter lange Theke, die der Künstler in einer Aktion am 21. Mai 1968 als letztes dauerhaft installiertes Raumobjekt des Creamcheese an der Decke anbrachte und die von Biergläsern über Aschenbecher bis hin zu Zigarettenpackungen alle Gegenstände aufweist, die man auf einer Bartheke in den 1960er-Jahren erwarten würde. Adolf Luthers Spiegel ist am Übergang vom ersten Raum zum Thekenbereich platziert und verzerrt die Abbilder durch fast dreißig runde, konkav geformte Spiegel.
Gerhard Richters großformatiges Wandbild PIN UP von 5,8 Metern, auch Die Liegende genannt, zeigt eine halbentkleidete junge Frau im Pin up-Stil und entstand nach einem Illustriertenfoto. Es hing direkt hinter einem von Günther Uecker und seinem damaligen Assistenten und Designer Danilo Silvestrin entworfenem mehrstöckigen Podest und einem Fernsehregal.
Ferdinand Kriwets Diaprojektion einzelner und jeweils für einige Sekunden gezeigter Rundscheiben – mal richtig herum, mal auf dem Kopf stehend – lebt von Licht. Die Projektion wurde am Ursprungsort auf der Tanzfläche gezeigt und die Besucher*innen, von der Projektion beschienen, waren so selbst Teil der künstlerischen Arbeit.
Gegenüber der Theke ist eine an Konrad Luegs Werk erinnernde Lichtarbeit installiert, die aus einer mit Phosphorfarbe bemalten Wand und darauf ausgerichtetem UV-Licht besteht und für einen kurzen Moment die Schatten der Besucher*innen einfängt. Lueg hatte am 21. Oktober 1967 unter seinem Geburtsnamen Konrad Fischer im selben Haus, das auch das Creamcheese beherbergte, eine Galerie eröffnet.
Die Fernsehwand, die vom Filmemacher Lutz Mommartz und Günther Uecker konzipiert wurde, stellt sich aus 24 Röhrenfernsehern zusammen. Diese wurden nur zum Teil bespielt und zeigten parallel unterschiedliches Videomaterial: Live-
Übetragungen des im hinteren Bereich des Clubs gefilmten, tanzenden Publikums, Filme und aktuelle Nachrichtensendungen. In der Rekonstruktion ist dort unter anderem ein Film des Filmemachers Peter Malchus zu sehen, der damals im WDR ausgetrahlt wurde und die Eröffnung des Creamcheese dokumentiert. Außerdem werden dort einige Kunstaktionen gezeigt, die im Club stattfanden.
KUNSTAKTIONEN IM CREAMCHEESE
Eine der bekanntesten Aktionen wurde am 5. Dezember 1968 von Joseph Beuys, Joachim Duckwitz, Anatol Herzfeld, Ulrich Meister und Johannes Stüttgen durchgeführt: die zweiteilige und sich aufeinander beziehende Aktion Drama Stahltisch/Handaktion (Eckenaktion), bei der drei der Künstler mit am Tisch fixierten Handgelenken in der Mitte des Raumes saßen und sich nur bei grünem Lichtsignal reglementiert unterhalten durften, während Joseph Beuys als sozialen Gegenentwurf in einer Ecke des Raumes eine Handaktion aufführte, die einen frei und ganzheitlich agierenden Menschen repräsentieren sollte.
Am 21. Juli 1967 wurde das Creamcheese mit der Aufführung des Sprechtextes für sechs Solisten, Lokaltermin von Ferdinand Kriwet, eröffnet. Im Jahr darauf, am 13. Februar 1968, wurde schließlich das Creamcheese-Manifest von Ferdinand Kriwet und Günther Uecker in einer öffentlichen Aktion mit gleichzeitiger Weihe von Kriwets Creamcheese-Fahne zu zweit verlesen. Im Manifest heißt es unter anderem: “ich will eine Gesellschaft auf der Flucht vor sich selbst am Ort ihrer Wünsche zeigen“, “Licht, Terror, Blitz, Aktion, Schall, Stille” und “neue Wirklichkeiten: Neue Möglichkeiten”, “Wir überleben nicht. Wir erleben”, “Kunst ist Unterhaltung” und “Machen Sie sich frei….Seien Sie Sie selbst”.
MUSIKAUSWAHL CREAMCHEESE-RAUM IM KUNSTPALAST
Nina Simone – Sinnerman (1965)
Bob Dylan – Pledging My Time (1966)
Mothers of Invention – The Return of the Son of Monster Magnet (1966)
Jimi Hendrix – Purple Haze (1967)
Captain Beefheart – Abba Zaba (1967)
The Doors – Break on Through (To the Other Side) (1967)
The Velvet Underground – Sister Ray (1968)
Beatles – Helter Skelter (1968)
Pink Floyd – Set the Controls for the Heart of the Sun (1968)
Janis Joplin / Big Brother and the Holding Company – Ball and Chain (1968)
Can – You Doo Right (1969)
Led Zeppelin – Whole Lotta Love (1969)
BARBETRIEB IM CREAMCHEESE-RAUM
Der Barbetrieb wird freitags und samstags im Anschluss an die Öffnungszeiten des Museums aufgenommen. Die Pächter Joakim Olsen und Saban Emini betreiben auch das Café Restaurent Anna Maria im neuen Kunstpalast.

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